Im Sommer 2020 erreichte uns eine spannende Anfrage: in der Hauptpost von Mannheim, einem Gebäude aus dem Jahre 1954, müsse ein Mosaik von der Wand abgenommen, eingelagert und wieder eingebaut werden. Wir erhielten den Auftrag diese Arbeiten zu planen, durchzuführen und zu dokumentieren. Schon beim ersten Termin vor Ort stellte sich heraus: die Sache wird größer! Denn bei Abbrucharbeiten in der früheren Mensa war ein zweites Mosaik gefunden worden.
Beide Mosaiken stammen von Carl Baumann (1912-1996), einem Künstler aus Hagen, der sich in den 1950er Jahren häufig mit Kunst am Bau beschäftigte. Sie sind in unterschiedlichen Techniken gefertigt. Das Mosaik in der Schalterhalle zeigt hauptsächlich Tiermotive, die sich als „Jäger und Gejagte“ interpretieren lassen. Es ist aus kleinformatigen Smalten in kräftigen Farben geschaffen. Die polygone Außenform ist von einem Metallrahmen umfasst. Das Mosaik in der Mensa hat eine Personengruppe in einer Hafenumgebung zum Gegenstand. Die Szene erinnert an ein Urlaubsbild. Hier wurden Fliesen, deren Farbspektrum auch in den Brüstungen der Außenfassade zu finden ist, direkt auf die Leichtbetonwand geklebt. Die umgebende Fläche ist oberflächenbündig verputzt.
Die Einbausituation beider Objekte zeigte auch gleich die große Herausforderung bei dem Vorhaben. Währen das Mosaik im vierten Obergeschoss des Baus bereits die anstehenden Trockenbauarbeiten behinderte, befand sich das Objekt im Erdgeschoss mitten in der im Postbetrieb befindlichen Schalterhalle. Mit Abmessungen von rund 5,3 x 2,1 Metern und 4,5 x 1,9 Metern sind die Kunstwerke auch nicht unbedingt handlich zu nennen.
Mosaik Mensa
Nachdem feststand, wie und wohin der Transport des Mosaiks im Obergeschoss stattfinden sollte, konnten die Arbeiten in Angriff genommen werden. Wir hatten uns entschlossen einfach die gesamte Wand mitzunehmen.
Dazu musste die Wand beidseitig mit einer Rahmenkonstruktion aus Stahlprofilen und Holz eingespannt werden. OSB-Platten schützen und stabilisieren das Objekt.
Über vier Kettenzüge konnte die Wandscheibe so fixiert werden, dass der Abbruch des unteren Wandbereiches möglich war.
Auf Schwerlastrollen und mit Hubwagen begann der Transport durch das Gebäude. Infolge des weit vorangeschrittenen Innenausbaus war so gut wie kein Platz für dieses Manöver!
Über das Treppenpodest, …
… durch enge Gänge …
…und um die Ecke!
Derzeit wartet das Objekt noch auf den Wiedereinbau.
Schalterhalle
Das Mosaik in der Schalterhalle konnte ausgebaut werden, nachdem der vom Publikum frequentierte Bereich mit einer Trockenbauwand abgetrennt war. Erst jetzt war es möglich die Konstruktion komplett zu ergründen. Die ersten Sondierungen ließen uns hoffen, die Rahmenkonstruktion ließe sich mit dem Schraubenschlüssel lösen und das Mosaik als recht filigrane Platte bergen. Weit gefehlt! Es stellte sich heraus, dass das Mosaik bereits einmal seinen Platz gewechselt hatte. Unter der Trockenbauwand, der Holvertäfelung, der Kalksandsteinwand fand sich schließlich auch hier der Rest der ursprünglichen Wand, die mit dem darauf montierten Objekt transportiert und wieder eingebaut worden war. Das Ganze wurde durch eine sehr sinnvolle Stahlkonstruktion und einen absolut unnötigen Kubikmeter Beton gehalten. Die gesamte Vorgehensweise wurde während der Freilegung entwickelt. Nach Entfernung der Trockenbauwand, die über die Ränder des Mosaiks griff, blieb lediglich Zeit für eine fotografische Dokumentation der bestehenden Schäden aus der Vormaßnahme.
Bestandsaufnahme im Oktober 2020.
2021. Wir tasten uns heran …
… um festzustellen: wir sind nicht die Ersten, die das Mosaik bewegen! Nach Anlegen weiterer Öffnungen wurde klar, dass schwereres Gerät nötig war.
Also wurde die Hintermauerung – soweit vertretbar – deutlich robuster angegangen!
Funde aus dem Zwischenraum erlauben die Datierung der ersten Translozierung (18. Oktober 1979) und lassen Rückschlüsse auf die Lebensweise der Ausführenden zu.
Das Mosaik steht mit seiner Hintermauerung noch auf einem Rest Kalksandsteinwand. Wir montieren eine Kaschierung aus Glasfasergewebe. Die senkrechten Latten bilden die Abstandshalter für die darauf zu befestigenden Platten. Der Zwischenraum wurde mit PU-Schaum verfüllt, um die Smalten sicher an ihrem Platz zu halten.
Ein Stahlprofil gibt zusätzliche Stabilität über die Länge von viereinhalb Metern. Nun konnten die rückseitigen Stahlverbinder durchtrennt und das Mosaik angehoben werden. Zum weiteren Transport wurde das so gesicherte Objekt in einen Rahmen aus Gerüstrohr gestellt.
In mehreren Aktionen wanderte das Mosaik so an seinen neuen Aufstellort. Abhängig war dies stets vom Baufortschritt in der Umgebung.
Zum Wiedereinbau wurde beschlossen, die bewährte Konstruktion der Vorgänger zu wiederholen. Jedoch unter Verzicht auf den Beton an der Rückseite, den wir von Hand abspitzen mussten.
Fertig zum Ablassen!
Nachdem die neue Rückwand geschlossen war, konnte die Kaschierung wieder abgenommen werden. Die Aktion war erfolgreich – kein einziges Steinchen hat sich aus dem Verband gelöst!
Abschließend erfolgte eine Reinigung und die Schäden der Vormaßnahme wurden von unseren Restauratoren bearbeitet.
Das Mosaik aus der Mensa wartet noch auf seinen Wiedereinbau.